Wie holt man aus den Werten VO2max und FTP das meiste für sich raus?

Sind wir doch mal ehrlich, die meisten würden wohl sagen, meine VO2max und FTP soll einfach ansteigen, dann ist alles super. Im weitesten Sinne wäre das auch richtig, aber es ist durchaus möglich mit diesen beiden Parametern mit wenigen Handgriffen noch deutlich mehr anzufangen und damit Training auch fundiert und individuell zu planen, zu analysieren und die Leistungsfähigkeit genauer zu beurteilen.

Was ist die FTP?

Der FTP-Test ist nur einer von vielen Tests, um eine maximale Dauerleistung festzustellen. Vorteile sind, dass er testökonomisch, kostengünstig, zeitsparend und auch noch reliable ist. Weiterhin lassen sich prozentual für einen großen Teil an Amateursportlern Trainingsbereiche ableiten. Zudem bieten die heutigen Trainingssoftwareanbieter wie Garmin oder Zwift den Test als programmierte Datei an und übertragen das Ergebnis automatisch in die jeweilige verbundene Applikation. Über die Formel 0,95+TT20(W), soll sich die FTP und dazu auch näherungsweise das Maximale Laktate Steady State ermitteln lassen. Leider bestätigen die wenigen Studien, die es zu diesem Themenfeld bisher gibt, dies nicht immer und so reichen die Faktoren mit denen die 20 Minuten-Leistung multipliziert wird von 0,95 bis zu 0,88 oder sogar noch weiter. Hinzu kommt, dass die meisten Studienergebnisse nur für männliche Athleten gelten. Es ist also sehr individuell mit welchem Faktor die 20-Minutenleistung multipliziert werden soll. Genauso individuell sollten auch die abgeleiteten Trainingsbereiche gesehen werden. Ist eine Leistungsdiagnostik im Labor keine Option und man möchte mit dem FTP-Wert arbeiten, sollten auf jeden Fall die gesammelten Trainingsdaten und das subjektive Gefühl des Athleten bei der Bildung von Trainingszonen berücksichtigt werden. Dies hat den Grund, weil physiologische Prozesse nicht immer linear und auch nicht bei allen Menschen gleich verlaufen.

Rekom: <55% FTP

GA1: 56-75% FTP

GA2: 76-90% FTP

SWL:  91-105% FTP

EB: 106-120% FTP

SB-HIIT: >121 % FTP

Was gilt ist bei der Testdurchführung zu beachten:

  • Es sollten immer dieselben Umweltbedingungen herrschen: ähnliche Tageszeit, Raumtemperatur ca. 17°, 50% Luftfeuchtigkeit.
  • Das Warm-up muss nicht aber kann die 5-minütige maximale Vorbelastung beinhalten
  • Leichtverdauliche Kost in den letzten Stunden vor dem Test
  • Den Test nicht allein fahren, da bei Ausbelastungen es zu kurzfristigen Kreislaufschwierigkeiten kommen kann
  • Den Test so konstant wie möglich fahren und am Anfang nicht überpacen

Analyse der eigenen Daten und was man dazu wissen muss:

Wenn man zwei FTP-Tests miteinander vergleichen möchte, sagt ein höherer oder tieferer FTP-Wert nur aus, dass sich die FTP-Leistung verbessert oder verschlechtert hat. Den Grund dafür kann man nur aus dem Training heraus interpretieren. Um die FTP besser einzuordnen, muss man sie mit der VO2max in ein Gesamtbild setzen und überprüfen, bei wie viel Prozent der VO2max sich die FTP befindet. Weiterhin ist es entscheidend, ob der/die Athlet*in ihr physiologisches Potential (VO2max) durch das Training auch absolut verbessert hat. Also nicht nur relativ zum Körpergewicht. VO2max und FTP / Schwellenleistung stehen physiologisch in einer Beziehung. Je näher sich die Schwellenleistung an der VO2max befindet, desto mehr Leistung kann produziert werden, ohne dabei erheblich zu ermüden (Die Übersäuerung durch Laktat und Wasserstoffionen nimmt nach der Schwelle exponentiell zu). Aus diesem Grund sollte es das Ziel sein, die VO2max auszubauen (einen großen Motor zu bauen) und im Anschluss die FTP / Schwellenleistung so nahe wie möglich an die VO2max heranzubringen (den Motor zu ökonomisieren). Als Beispiel haben absolute Spitzenathleten ihre Schwelle bei 88-91% ihrer VO2max.

Wo man gerade mit der Leistungsdiagnostik steht:

Um noch tiefere Einblicke in die eigene Leistungsphysiologie zu bekommen sind eine Spiroergometrie mit Laktatmessung notwendig. Allerdings muss auch hier die Validität von Schwellenkonzepten in kommerziellen Laboren leider immer häufiger hinterfragt werden, da nur die wenigsten Schwellenkonzepte, das MLSS zuverlässig ermitteln. Die bekannte fixe Schwelle von 4 mmol Laktat ist dabei sehr unzuverlässig. Aber auch andere komplexere mathematische Verfahren scheinen nicht perfekt zu sein, weshalb ein Blick auf die Rohdaten immer sinnvoll erscheint. Zudem sollten Trainer ihre Athleten darauf hinweisen, dass eine zuverlässig gemessene VO2max und ein valides berechnetes MLSS nicht mit einem einzigen Test ermittelt werden kann. Beide Physiologischen Parameter brauchen unabhängige Erhebungsprotokolle. Auch aus maximalen Dauerbelastungen lassen sich nur schwer bis kaum eine VO2max oder eine Schwelle ableiten. Dies betrifft auch die aufkommenden Remote Tests mittels Stoffwechselmodulation, bei denen häufig Critical Power Protokolle verwendet werden, um die dahinterstehende Physiologie zu modellieren oder zu interpolieren. Die Studienlage zeigt, dass CP-Werte meist über dem FTP-Wert liegen und die FTP zu meist auch das MLSS überschätzt. Was bedeutet das nun letztendlich für den/die Athlet*in? Im absoluten Spitzensport kann man sich nicht auf grobe Schätzungen verlassen und man muss definitiv im Labor zu validen Testprotokollen greifen. Für Age-Grouper sind aber, je nach Ambition, der FTP-Test, die Kalkulation von FTP und VO2max aus Trainingsdaten von z.B. Garmin oder Remote-Diagnostiken sehr sinnvoll um das Training zu optimieren.

Die praxisbezogene und simple Arbeitsweise mit der FTP und der VO2max erkläre ich im nächsten Blogartikel. –>Das kleine physiologische Profil (erscheint am 11.10.23)